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Sonntag, 25. März 2012

Die Gegend hier ist offenbar sehr streng muslimisch, hier tragen alle Freuen ihr Kopftuch sehr gewissenhaft. Wenn ich meine Schlauchhaube so aufsetze, dass es wie ein Kopftuch aussieht, dann hören prompt alle Männer zu grüßen auf. Am Abend sollte ich mir langsam einen Schlafplatz suchen, aber die Gegend ist recht dicht besiedelt, und es gibt keine Bäume als Deckung. Ich fühle mich in dem Land wegen der freundlichen Menschen schon recht wohl, komplett öffentlich möchte ich aber heute noch nicht schlafen. Es passt mir deshalb recht gut, dass mich ein Mann anspricht und mich zu sich nach Hause einlädt.


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Das Zimmer meines ersten Gastgebers.

Ich werde zuerst mal durch den Hof herumgeführt. Wie alle Dörfer sind auch hier dichte Pappelalleen vorhanden, die die Grundstücke von einander trennen und Schatten für die Gemüsefelder bieten.

 Im Garten werden zwischen Apfelbäumen Kartoffeln angebaut und ein kleiner Kuhstall ist vorhanden. Es gibt fließendes Wasser, allerdings aus dem Bewässerungssystem im Hof. Hier werden Kleider Körper und Geschirr gewaschen. Trinkbar ist diese Wasser jedoch nicht, es wird jedoch zum Teekochen  verwendet. Der Mann zeigt mir stolz seine Besitztümer, einen alten Lada, einen Lastwagen den er einmal berufsmäßig gefahren ist, sowie sein  größter Stolz, ein UAZ - vergleichbar mit dem amerikanischen Jeep. Er deutet er auf einen halben Motorblock in der Garage, den er offensichtlich eigenhändig ausgetauscht hat.
 Heute sei Benzin aber nicht mehr leistbar um mit den Fahrzeugen zu fahren. Die kleine Landwirtschaft wird offenbar ohne weitere Maschinen geführt.

Die Frau des Gastgebers ist schon gestorben, aber es gibt noch die Tochter die mit ihrer Familie im Nachbarhaus wohnt. Mir wird gleich von ihr eine große Schale Joghurt mit Fladenbrot aufgetischt. Als sie reinkommt grüßt sie nur kurz und richtet ihren Blick permanent auf den Boden. Das saure Joghurt wird höflich mit viel Fladenbrot heruntergewürgt, und ich fange mit dem Gastgeber zu reden an. Viel verstehe ich nicht, jedoch dass er selbst mit dem Fahrrad über den Pamir einmal nach Osh gefahren ist. Ob das noch zu Sovietzeiten war finde ich nicht heraus, muss aber fast sein, da der Mann relativ alt ist, und folglich vor dem Tadschikischen Bürgerkrieg gefahren sein muss. Offenbar war es damals möglich in Panjital zu reisen. Vielleicht ist er aber gar nicht über den Pamir gefahren. Auf jeden Fall dürfte damals die Straße besser gewesen sein.

Da es recht anstrengend ist mit jemanden russisch zu reden, wenn man nur 12 Vokabel beherscht, bin ich froh dass der Schwiegersohn dazu kommt. Er kann zwar kein Englisch, akzeptiert jedoch, wenn ich etwas nicht verstehen kann. Einige Bewohner der Ex-Sovietländer scheinen nämlich die Angewohnheit haben, Sätze oder Worte einfach nochmals und lauter zu wiederholen. Beim 5. Mal, wenn es schon fast geschriehen wird, geben sie dann  meistens auf. Der Schwiegersohn ist offenbar der Stolz der Familie. Er ist 25 und arbeitet in Duschanbe als Jurist. Ich finde es lustig, dass er  mich fragt ob ich schon Kinder habe, aber er ist nur 2 Jahre älter und hat schon 3 Stück. Ebenso stolz ist er auf seinen Chinesischen Minivan,  der ihm nur 5000 Dollar gekostet habe. Mir kommt dieser Preis aber doch recht hoch vor, zumal er schon sehr lange gebraucht wurde.

 Seine Frau kommt vorbei, und will irgendetwas von ihm, wobei er ihr deutlich zeigt, wer das Sagen hat. Aber offenbar ist diese Geste durch meine Gegenwart induziert worden, denn die Frau lässt ihm das nicht durchgehen, und fängt an Ihn anzuschreien. Nach ein wenig hin und hergeschubse  setzt er sich dann durch und bleibt bei uns im Zimmer. Nach dem es dunkel geworden ist, wird da Licht ausgeschaltet, indem einfach die Glühbirne  aus der Fassung gedreht wird. Trotz Widerspruch ist mir das Bett des Gastgebers zugeteilt worden, er schläft mit Decken auf der Plattform neben  mir. Um 6 Uhr werde ich geweckt und es gibt Brot mit Tee als Frühstück. Ich bekomme noch Brot mit auf den Weg und werde sehr herzlich  verabschiedet.

Mein heutiges Tagesziel lautet Nudeln kaufen. Das russische Wort aus dem Sprachführer zeigt nicht viel Erfolg, "Macoron" lautet das Zauberwort, mit dem der Verkäufer beginnt dieses Grundnahrungsmittel aus einem gut versteckten Sack hinter der Theke abzufüllen. Heute aber kaufe ich nur eine  Packung Spaghetti, die offenbar mehr kostet als in Europa. Beim Einkaufen muss man sehr acht geben. Die Produkte kosten in der Regel etwa 1/4 des Preises in Europa. Jedoch gibt es nur die Grundnahrungsmittel um den Preis. Alle importierten Produkte aus Europa der Türkei oder Russland sind recht teuer. Allgemein muss man erst lernen in Länden einzukaufen. Wenn man das beherrscht kann man sich auch in Tadschikstan gut eindecken.

Ich komme an dem ersten Polizeicheckpoint vorbei, jedoch muss ich hier im Gegensatz zu anderen Radfahrern nichts vorzeigen. Der Polizist fängt nur kurz zu plaudern an, und erzählt mir, dass 2 Schweizer vor einer Stunde durchgefahren sind. Ich solle ihnen schnell nach und sie treffen. Ich beeile mich jedoch nicht, wenn ich schneller bin werde ich sie sowieso einholen. Ich vernichte jetzt die Höhenmeter die am Vortag gemacht wurden und fahre in das Tal hinab, in dem in Zukunft der Rogun Staudamm stehen wird. Es gibt eine Abzweigung Richtung Rogun, und Propaganda deutet an, dass man hier zur Baustelle kommt.

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Rogun Baustelle in dicken Staubschwaden.

Eigentlich sollte ich die Baustelle auch von der Straße aus sehen, aber das ist leider nie der Fall, vielleicht ist das auf dem Foto oben schon die richtige Baustelle. Ich kann lediglich die Steinbrüche sehen, aus denen der Schotter für den künftig höchsten Staudamm der Welt gewonnen wird.
 Der Staudamm ist für Tadschikistan von doppelter Bedeutung. Der Strom lässt sich gut nach Usbekistan exportieren, außerdem ist damit auch das Wasser besser kontrollierbar, welches ebenfalls exportiert wird.

Mit der Abfahrt endet der relativ neu Asphalt, jetzt bin ich bis Kirgistan auf die Überreste des Sovietasphalts angewiesen. Grund für den schlechten Straßenzustand soll auch der Rogun sein, dessen Damm hier einmal alles fluten soll. Diesem Tal folge ich heute fast den ganzen Tag lang. Für alle Täler in Tadschikistan gilt Aufstiegsverhälniss 1:3 : Um 100 Höhenmeter am Flussverlauf zu gewinnen müssen 300 Höhenmeter durch die Gegensteigungen gewonnen werden. Bis Ishkashim kann man diese Regel anwenden.


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Versorgungsbrücke für das Garmtal, allerdings nicht breit genug für Autos.

Die Landschaft fängt mir an richtig zu gefallen, allerdings ist es so staubig, dass man nicht sehr weit sieht. Trotz der schlechten Straße und den vielen Steigungen macht es hier richtig Spass Rad zu fahren.

 Ein Polizist hält mich wieder an, er möchte aber nur etwas plaudern und ist ziemlich erfreut über die Abwechslung die ich ihm biete. In älteren Reiseberichten hätte ich jetzt schon 3 Ausweiskontrollen und 2 Checkpoints hinter mir. Es ist also schon jetzt ersichtlich, dass es immer lockerer  wird. Man muss auch sagen, dass speziell diese Region sich sehr entspannt. Es gab den Fluss aufwärts vor 1,5 Jahren recht heftige

 Auseinandersetzungen mit Regierungsgegnern, mehr als 60 Soldaten sollen die Tadschiken dabei bei einen Hinterhalt verloren haben. 3 Monate vor meiner Abreise kam aber die Nachricht, dass man jetzt die letzten Bandenchefs erwischt habe. Als ich durchkomme erinnert aber höchstens der einzelne unbewaffnete Soldat, der den Checkpoint am Ende des Tales verstärkt, daran.

 An diesem Checkpoint überquert man den Fluss und man gelangt in ein steiles Seitental.

Bei dem ersten Checkpoint wusste ich noch nicht so recht was man tun muss, aber es ging trotzdem sehr einfach. Die Polizei hat hier kein Auftreten wie die Europäische Polizei. Die Polizisten machen eher einen kumpelhaften Eindruck. Vielleicht liegt das aber auch daran, dass sie die  Abwechslung lieben die wir ihnen bereiten oder, dass mit den Fremden besonders allgemein freundlich umgegagen wird. Immerhin müssen die Tadschiken  an jeden Checkpoint umgerechnet etwa einen halben Dollar Bestechungsgeld bezahlen. Die Wassermelonen, mit denen jeder Checkpoint gut  ausgestattet ist, sprechen für sich. Einen Checkpoint zu besuchen ist schon eine Erfahrung für sich. Die Uniformen der Polizisten sind in Top Zustand alles sitzt perfekt, dann folgt man dem Polizist in die bescheidene Kabine, die im ersten Fall aus einem ausrangierten Baustellenanhänger besteht. Dort ist nur ein Tisch ein Stuhl und ein Teekocher und an der Wand sind sehr alte Bilder der gesuchten Personen aufgehängt. Auf dem  Tisch gibt es dann einen Kugelschreiber und ein riesiges Buch. Dort werden dann die Daten eingetragen. Der Polizist fragt einen wie man heißt, und  er trägt es dann in kyrillisch ein. Meine kyrillische Visitenkarte brauche ich nie herzuzeigen.

Nach dem Checkpoint fahre ich in das enge Tal hinein und frage mich wann ich endlich die Serpentinen zum Khaburabot-Pass erblicken werde. Da ich keine Karte mithabe, sondern nur die digitalen Karten auf dem Ebookreader, verschätze ich mich gewaltig. Ich werde den kompletten nächsten Tag noch diesem Tal folgen, bis der Pass in Reichweite kommt.


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