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Mittwoch, 28. März 2012

Bei einsetzender Abendstimmung folge ich dem Seitental weiter. Ich mache schon ordentlich Höhe, dabei ist der Pass noch nicht in Sicht. Das Tal wird enger, und zu einem richtigen Canyon, mit enorm hohen Felsformationen.





Es überholt mich ein Geländewagen, der mir heute schon begegnet ist. Ich erkenne ihn sofort wegen der markanten Reserveradabdeckung wieder. In der nächsten Kurve steht das Auto am Straßenrand mit dem Fahrer drinnen, und ich überhole den Wagen. Später überholt er mich wieder und ich passiere ihn erneut. Als er nicht dann wieder überholt wächst in mir Unbehagen, immerhin macht der Wagen das Spiel genau in der einzigen einsamen Gegend die ich heute durchquere. Um meine Paranoia zu zerstören fange ich mit dem Fahrer bei der nächsten Gelegenheit ein Gespräch an. Sofort sind alle Zweifel beseitigt, er wirkt sehr freundlich, und ich sehe, dass sein Beifahrer dabei ist, an den Straßenböschungen wilde Zwiebeln zu ernten.

Heute finde ich einen guten Ort für mein Zelt, das Flussbett ist breiter und auf der anderen Seite gibt es eine ebene Fläche. Ich bin zwar für alle sichtbar, aber außer der Reichweite der Straße. Etwa 500m ist ein Haus entfernt, und der Besitzer beobachtete mich eine recht lange Zeit
lang. Allerdings hatte er wohl keine Motivation den Bach zu überqueren und seine Neugierde mit einem Gespräch zu stillen.


Am Morgen stehe ich wieder sehr früh auf, ich will von der Kühle des Morgens in die Kühle der Höhe gelangen, ohne dazwischen ins Schwitzen zu
kommen. Mein Zelt steht auf 2500m und ich muss nur noch auf 3250m zum Pass. Ich bin aber noch nicht so gut trainiert und so erreiche ich erst zu Mittag den Pass.


Der Pass mit der bekannten Bushaltestelle


Die Haltestelle war offenbar einmal eine Stellung im Bürgerkrieg.



Es ist schon eigenartig, dass man auf über 3200 Metern Höhe ist und rundherum nur Grashügel sind. Da ich noch nie so hoch gewesen bin freue ich mich, dass ich die Höhe nicht spüre und sehe das als gutes Zeichen für den Pamir. Leider bin ich noch der Meinung mein Rad schonen zu müssen und fahre also deutlich langsamer bergab, als ich eigentlich könnte. Durch die schlechte Straße trägt der Luftwiderstand nicht zur Bremsleistung bei und ich muss viele Pausen machen, um die Felgen abzukühlen.



Bei der Landschaft stört das aber nicht


Leider ist die Luft immer noch alles so staubig. Irgendwann während der Abfahrt fängt etappenweise der Sovietasphalt an, und man muss
Notbremsungen machen wenn er plötzlich wieder aufhört.
Im Tal angekommen wird man erst einmal durch den Militärcheckpoint abgebremst. Hier sollen also die Drogen abgefangen werden, die von Afghanistan nach Europa kommen - Also rohes Opium zur Weiterverarbeitung. Es gibt ja aber noch die andere Strecke über den Nurekstaudamm, und die Grenze zu Afghanistan ist ja noch viel länger. Es wäre ja schon traurig, wenn alle Drogen durch diesen Checkpoint kommen würden. Aber auf jeden Fall weis ich jetzt warum die Route über Tadschikistan und nicht den Iran läuft: Im Iran habe ich einen der vielen Drogencheckpoints gesehen. Dort sieht das wie eine richtige Grenzabfertigung aus, und hier sind das 4 Soldaten mit einer gemauerten LKW Rampe. Der Kommandant nimmt den Pass geht in die befestigte Hütte und gibt ihn mir nach 3 Minuten wieder. Der einzige bewaffnete Soldat öffnet mir das Tor und ich bin durch. Ein Jahr zuvor
mussten hier Radler noch ihr Gepäck durchsuchen lassen.



Ungebremst rauscht der Seitenfluss Richtung Panji.



Das Tal fällt jetzt steil ab und der Rückenwind verstärkt meinen Spaß den ich dabei habe. Viel zu schnell mündet der Fluss in den Panji ein.
Die Taxifahrer im Ort an der Mündung zeigen starkes Interesse an mir, aber ich lasse sie schnell hinter mir, hauptsächlich weil es immer noch
bergab geht.

Im Ort treffe ich noch kurz einen Niederländer, welcher aber zu schnell mit dem Sammeltaxi los muss. Leider kann ich nicht herausfinden, was man ohne wandern und bergsteigen 3 Wochen lang in Tadschikistan unternehmen kann. Ich besuche gleich noch das Geschäft im Ort. Man merkt sofort, wenn der Laden noch im Gebäude ist, in dem er schon zur Sovietzeit war. Es ist eine recht große Halle, mit recht wenigen Lebensmitteln drin. Dort kaufe ich die erste von endlos vielen Kondensmilchdosen. Ich mache mir sogar die Mühe das Wort "Haferflocken" aus dem Sprachführer vorzulesen, aber das gibts nicht.

Jetzt ist es an der Zeit ins Panjital vorzudringen und auch einmal einen Blick nach Afghanistan zu werfen. Afghanistan ist wie zu erwarten eine komplett andere Welt, es gibt nur Gebäude ohne Verputz, Blechdächer, Felder, Esel und Ziegen. Faszinierend ist, wie intensiv die Felder bewässert werden, und wie viele Terrassen vorhanden sind.


Die afghanischen Kinder begrüßen mich im Panjital.



Eines der vielen Dörfer auf der anderen Flussseite.



Haupttransportmittel, Autos gibt es nur in der Nähe der wenigen tadschikischen Brücken

Das richtig faszinierende aber ist die Abgeschiedenheit dieser Dörfer. Obwohl Tadschikistan gleich über den Fluss ist, sind manche Dörfer nur über die Berge mit dem Rest des Landes Verbunden. Tolle Pfade führen dort so lange den Hang hinauf, bis man sie mit freiem Auge nicht wahrnehmen kann. In den tadschikischen Dörfern rennen wieder die Kinder enthusiastisch auf mich zu, diesmal gibt es aber auch welche von der bösen Sorte. Einen symbolisch kleinen Stein bekomme ich zugeworfen, und ein 4 Jähriger Knirps will Geld haben. Im nächsten Dorf halte ich eigentlich um Tomaten zu kaufen, aber ein eifriger Gastwirt nutzt meine Erschöpfung und Unentschlossenheit, um mich zur Übernachtung zu überreden. Also übernachte ich das erste Mal in meinem Leben auf einer Radtour in einer Unterkunft. Ich werde in den Schlafsaal bugsiert und bekomme gleich das Abendessen
aufgetischt.



Abendessen


Leider ist der Gastwirt eher unangenehm und übertreibt es mit der Gästeunterhaltung. Mich ärgert vor allem, dass er mir keinen Preis nennen will. Später malt er schließlich 50 Som (~10 Dollar) in den Sand, und ich halte es für recht teuer. Später finde ich heraus, das dieser Preis
mittlererweise Standard ist. Immerhin ist das Abendessen dabei, diesmal Hühnerfleisch, das wegen dem besseren Tier auch besser schmeckt. Während der Dämmerung erschüttert eine Explosion plötzlich erst Boden und dann Trommelfell. In kurzen Abständen dann noch dreimal schnell hintereinander. Als heute 23 jähriger hat man durch Computerspiele in der Jugend mehr militärische Erfahrung als ein Soldat und somit sage ich mir ziemlich
sicher, dass es vom Geräusch her Schützenpanzer sein muss. Die Vorstellung dass ein Schützenpanzer gerade auf irgendwas feuert motiviert mich doch nachzusehen was draußen vor sich geht. Kaum bin ich draußen, stürzt sich mein Gastgeber auf mich. Er beruhigt mich so energisch, als ob ich gleich in Panik ausbrechen würde. Aber langsam habe auch ich kapiert, dass die gut sichtbare Staubwolke auf der afghanischen Seite durch Sprengarbeiten entstanden ist. Die Afghanen habe offensichtlich Sprengstoff eingesetzt, um einen weiteren Eselspfad in die Steilwand zu treiben.

Was an der Stelle gesagt werden muss, ist dass man in dem Tal durchaus Zeuge von Gefechten werden kann. Besonders im westlichen Teil des Panjis liefern sich Schmuggler regelmäßig Duelle mit dem Militär, ab und zu soll es dabei auch zu Opfern auf beiden Seiten kommen.


Einmal werde ich noch in meiner Ruhe gestört als der leicht betrunkene Gastgeber mich nochmal aufweckt, um mit mir eine Unterhaltung anzufangen. Er erweist sich aber als ganz hilfreich, da er mit mir übt, die Vokabel aus dem Sprachfürer auszusprechen. Teilweise weichen die schon erheblich von der Lautschrift ab.


Am nächsten Tag verweigere ich noch das Frühstück, weil ich schnell durchstarten will. Nach 40 Kilometern genialem bis mäßigen Tal kommt auf
einmal die Müdigkeit und Erschöpfung der letzten Tage durch und es geht nichts mehr. Ich lege mich 3 Stunden in den Schatten eines Baumes und
schaue in die Luft. Auf Sparflamme geht es durch den engsten Abschnitt des Panjitals auf meiner Strecke. Es wundert mich ein wenig warum in
Tadschikistan immer noch Platz für eine Straße ist, aber in Afghanistan manchmal hunderte Meter hohe senkrechte Steilwände. Als sich das Tal
aufweitet ergibt sich die Gelegenheit einen einsamen Zeltplatz zu finden. Durch Fahrzeugs und Schafspuren vergewissere ich mich der Minenfreiheit und schlage das Zelt auf. Hätte ich noch mein GPS könnte ich die Position verlinken.

Die russischen Militärkarten sind sehr gut und genau, jedes erdenkliche Seitental ist eingezeichnet, jedoch bin ich trotzdem unfähig festzustellen an welcher Stelle ich gerade bin, die Kurven und Kehren sind alle zu ähnlich.

Am nächsten Tag geht es wieder halbwegs zu fahren, jedoch habe ich wieder einmal das Bedürfnis eine Pause einzulegen. Wenn man in Tadschikistan seine Ruhe haben will, muss man sich ein wenig abseits hinsetzen, da man sonst sehr häufig angesprochen wird. Ich komme durch ein recht flaches Gebiet mit vielen größeren Felsen, die dort verstreut liegen. Ich denke mir dass ich zwischen diesen Felsen bestimmt einen ruhigen Mittagschlaf hätte. Ich will jedoch noch ein wenig weiter, um auch noch die letzten Reserven verbrauchen, und überlege gerade ob es wirklich so gut ist von der Straße runter zu gehen, da kommt mir auf einmal eine Minenwarntafel in Blickfeld. Irgendwie logisch, dass genau hier Minen platziert sind. Die hohen Felsen würden ja eine super Deckung für Angreifer abgeben.

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