My other blog about bike related DIY Projects :

Freitag, 13. April 2012

Heute spüre ich Garnnichts mehr von der Höhe und fühle mich fit. Schnell erreiche ich den höchsten Punkt der Tour und kann die Aussicht auf der andere Seiten bewundern. Hier schaut der Pamir doch wieder toll aus. Nach der Passabfahrt mache ich ersten Kontakt mit dem Grenzannäherungszaun, der fälschlicherweise oft für die chinesische Grenze gehalten wird. Der Zaun soll aber nur die Grenze in den Bergen sichern. Die echte chinesische Grenze werde ich aber noch in Kasachstan sehen. Nach einem Minipass kann ich am Horizont den Karukul See erkennen. Zwei englische Motorradfahrer kommen mir entgegen und sind etwas besorgt, da ich mangels Rastplatz auf dem Straßenrand sitze und die Proviantsäcke rund um mich angeordnet sind. Sie sind über die Anzahl der Radfahrer überrascht die sie hier treffen. Alleine in Tadschikstan haben sie heute schon 10 getroffen. Da es nicht einmal mehr 100 Kilometer nach Kirgistan sind, ist das schon beeindruckend.

Als ich später noch einmal halte, holt mich ein Niederländer auf dem Fahrrad ein. Er heißt Martin und ist 6 Wochen in Zentralasien unterwegs. Seine vorgenommene Tour ist recht beachtlich und er muss dazu etwa 100 Kilometer pro Tag fahren, was er auch im Pamir bis jetzt durchgehalten hat. In seinem Windschatten geht es nach Karakul dem letzten Ort vor der Grenze. Das Homestay ist gleichzeitig das Magazin, und ich wandle die letzten Som in Kekse und Zucker um. Dieses Geschäft, welches nur aus einem winzigen Lagerraum mit Säcken und Waage besteht, hat die besten Kekse in
Zentralasien, zumindest abgesehen vom Angebot in den Hauptstädten. Da die Frau einen 40 Kilo Sack davon hat, dürfte das noch länger ein Geheimtipp bleiben.


Karakolsee, Pik Lenin im Hintergrund falls ich mich nicht irre


Der Ort Karakul hat nichts was einen dazu verleitet länger zu bleiben deshalb fahren wird noch eine Stunde lang weiter. Der Wind ist ziemlich rau, und kommt genau von vorne. Martin ist jedoch ziemlich fit und prescht mit 20 km/h gegen den Wind voran, während ich im Windschatten kaum
mitkomme. Wir sollten langsam ans Zelten denken, jedoch ist nirgends ein Windschutz zu finden. Deshalb beschließen wir einfach die Straßentrasse als Schutz zu nehmen, und schlagen die Zelte neben einem Bach an der Straße auf. Ich bereite die Nudeln zu und Martin spendiert eine Dose Fleisch. Das Dosenfleisch ist etwa auf die selbe Art hergestellt wie Hundefutter, also keine echten Fleischstücke, sondern komische Klumpen die irgendwie doch aus Fleisch sind. In Europa würde so etwas wohl kaum jemand essen, aber auf der Tour und besonders heute nach 10 Tagen Zwangsvegetarismus schmeckt mir dieses Fleisch sehr gut.


Am nächsten Morgen bricht Martin früh auf, und ich hole noch etwas Schlaf nach. Die Strecke bis zur Grenze ist nur noch etwa 60 Km lang, aber die anstrengendste Etappe der gesamten Tour.


Rückblick auf die Strecke am Karakolsee



Da haben sich wohl ein paar Schweizer gespielt


Die Straße ist nicht die beste, aber der Gegenwind macht mich richtig fertig. Um 14 Uhr schaffe ich es dennoch bis zur Grenzstation. Dort wird gerade gebaut, offenbar wollen die Tadschiken eine richtige Grenzstation haben. Die aktuelle Station ist ja nicht sehr ansehlich. Derzeit herrscht noch eine Mischung aus Containern und improvisierten Hütten vor. Ich spreche ein paar Bauarbeiter an wo ich hingehen soll. Sie bieten mir eine Zigarette an und deuten auf die erste Hütte. Drinnen ist tatsächlich jemand, ein Offizier in Räuberzivil. Nach den üblichen Zollfragen bietet er mir an Geld zu wechseln. Ich bin recht misstrauisch und erwarte einen denkbar schlechten Kurs. Ich weis leider nur den richtigen Kurs für Euro Somoni und nicht für Dollar, und Kopfrechnen macht in der Höhe auch nicht so viel Spaß. Aber 5 Dollar kann ich ja mal wechseln. In Kirgistan soll es erst am dritten Tag eine Bank geben.

Wie sich später herausstellt, hat mir der Offizer einen ziemlich guten Kurs angeboten, sämtliche Banken in Kirgistan bieten einen geringfügig
schlechteren Kurs. Nach dem Zoll kommt die nächste Behörde, bzw. Hütte und dann noch einmal das selbe. An der letzten sind Soldaten in richtiger Uniform, hier bekomme ich endlich meinen Stempel. Vor der Hütte muss ich eine ganze Weile warten. Der Drogenhund leistet mir Gesellschaft, er
kommt sogar her als ich ihn mit "Laika" und "Sabaka" rufe. Allerdings ist er an mir weniger interessiert und beginnt lieber die Grashalme vor der Baracke zu fressen. Der Schlagbaum ist schon in Sichtweite, und seitlich stehen die Soldatenunterkünfte. Dazu wurden offenbar in zwei alte
Treibstofftanks Fenster und Türen hineingeschnitten und Bettgestelle eingebaut. Nach der längeren Wartezeit bekomme ich von einem Offizier meinen Pass zurück, der mich in Englisch fragt ob alles problemlos gelaufen ist und mir eine gute Weiterreise wünscht. Am Schlagbaum sperrt der
Wachsoldat den Schranken auf, und ich reise aus Tadschikistan aus.


Ich weis zwar, dass ich im Niemandsland problemlos übernachten kann, aber ich will heute noch nach Kirgistan gelangen. Das Niemandsland ist etwa 30 Kilometer lang, Grund dafür dürfte sein, dass die Kirgisen die Grenze lieber im Tal überwachen und hier sowieso nicht viele Menschen wohnen. Der oft schlammige Pass ist heute trocken, und die Abfahrt viel kürzer als ich es von den Fotos erwartet hätte.



Das erste Yak, gleich nach der Grenze


Die Passabfahrt nach Kirgistan



Die Straßenmeisterei


Ich treffe das erste Mal in Asien auf Yaks, also auf die coolere Sorte von Kühen. So bedrohlich sie auch aussehen, sind sie deutlich scheuer und schneller als ihre fauleren Verwandten. Im Tal halte ich die Straßenmeisterei zunächst kurz für die Grenzstation. Die Familie die dort wohnt ist sehr nett, ich werde sofort zu allem möglichen eingeladen, was ich aber ablehnen muss, da ich noch nach Kirgistan will. Die Familie ist kirgisisch, jedoch gehören sie politisch zu Tadschikistan. Der Mann hat einige Raupenfahrzeuge und eine Sammlung verrosteter Warntafeln. Er ist für die
Erhaltung und Schneeräumung der Straße bis Karakul zuständig.


Ich mit dem Nachwuchs - diesen Hut tragen hier sehr viele Kirgisen


Weiter im Tal kommt mir ein Mann entgegen mit Rucksack und einer Plastiktüte in der Hand. Er sieht nicht wie ein Wanderer aus, eher wie ein
Europäer beim Einkaufsbummel.

Er ist tatsächlich Niederländer und per Autostop unterwegs. Heute hat er Pech gehabt und niemanden für die Strecke gefunden.
Übernachtungsausrüstung hat er keine mit, er hat eigentlich geplant nach der tadschikischen Grenze eine Möglichkeit zu finden. Die Familie vorhin wird ihn aber bestimmt gut aufnehmen. Radfahrer hatten mich Tage zuvor gewarnt, dass eine Flussüberquerung ansteht da die Straße weggespült
wurde. Auch die Bewohner der vermeintlichen Grenzstation hatten mich davor gewarnt.
Aber die erste Flussüberquerung meines Lebens stellt sich als viel leichter heraus als gedacht. Barfuß und mit vollem Gepäck am späten Nachmittag ist ja eigentlich Worst-Case für eine Flussdurchquerung aber es geht trotzdem einfach.


Abend am Rand vom Pamir


Ich fahre weiter aus dem Tal heraus und in die Ebene von Sary Tash hinein. Hinter mir tauchen die vergletscherten und verschneiten Gipfel des
Pamirs auf. Die Landschaft hat sich total verändert, alles ist grün und endlos weit. Von der Steinwüste des Pamirs bin ich in eine fruchtbare
Hochebene gewechselt. Trotz der langen Abfahrt bin ich immer noch auf 3200 Metern Höhe.


Endlich taucht dann die Kirgisische Grenzstation auf. Wie auch die Tadschikische Station ist das hier eine "richtige" Grenze die vom Militär
verwaltet wird. Ich fahre zum Schranken hin, begrüße den Soldaten und gebe ihm erst einmal den Pass. Daraufhin wird das Tor aufgemacht, und ich muss die 3 üblichen Stationen absolvieren. Die Grenzkaserne ist deutlich besser ausgestattet als alles was man von Tadschikistan kennt. Vor mir ist ein Taxifahrer der die Formalitäten von 10 Fahrgästen erledigen muss, deshalb warte ich überall relativ lange. Dafür weiß ich immer wo ich als nächstes hingehen muss.

Während der Wartezeit schaue ich mich in den Kasernen etwas um, die Offizierswohnungen sind ziemlich nett, aber normaler Soldat möchte ich hier nicht sein. Die letzte Station ist der Zoll, der für mich sehr schnell erledigt ist. Auch hier muss ich niemanden meine Taschen öffnen. Nach
insgesamt einer Stunde heißt es "Welcome to Kirgistan" und ich darf das Tor passieren.


Es sind bis jetzt noch nicht einmal 3 Wochen vergangen und 3/4 meiner Reise liegen noch vor mir.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen